Geduld und Ruhe zahlen sich aus

EishockeyNews vom 29.01.2019 

Selten waren die Unterschiede zwischen zwei Saisonphasen eines Teams in der DEL2 so deutlich, wie es in den letzten Monaten bei den Bayreuth Tigers zu beobachten ist. Sehr spät im Sommer herrschte endgültige Klarheit über die Ligenzugehörigkeit, sehr spät konnte die Kaderzusammenstellung finalisiert werden, sehr spät wurden Schlüsselstellen besetzt.

15 Neuzugänge in der Sommerpause stehen für den größten Kaderschnitt, den es in Bayreuth seit vielen, vielen Jahren gegeben hat. Eine sportlich desaströse Saison, die zudem von unzähligen Unruhen im Umfeld des Clubs deutlich geprägt war, hatte im sportlichen Abstieg ihr Ende gefunden. Die Chance, dennoch in der DEL2 an den Start zu gehen, nahm man als Chance für einen Neustart, der sich seitdem nicht nur auf, sondern auch intensiv neben dem Eis zeigt.

Dass man – vor Klärung der Ligenzugehörigkeit – mit Petri Kujala einen Trainer verpflichten konnte, dessen Ruhe und Besonnenheit zu einem ganz wichtigen Pfund für die Entwicklung des Teams werden sollte, kann nur als Glücksfall bezeichnet werden. Die Chemie zwischen ihm und – dem nun alleinigen – Geschäftsführer Matthias Wendel passt von Beginn an, die gemeinsame Arbeit ist von klugen Entscheidungen geprägt. Einer soliden Vorbereitung kann man in Bayreuth ebenso wie andernorts kaum eine Bedeutung zumessen. Viel wichtiger war allen Beteiligten das früh geprägte Credo: „Wir brauchen Zeit und werden uns entwickeln“, stellte Kujala frühzeitig die Weichen.

Sieben Niederlagen zum Start waren ein Ballast, den man sich gleich zu Beginn der Saison auferlegte. Manches Spiel war knapp, Punkte waren oft möglich, doch die Kurve zeigte von Beginn an gleich nach unten. Viel zu viele Gegentore insgesamt und dazu allzu oft verursacht durch teils desaströses Auftreten in der Defensive stoppten jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer. Vier Siege bis zur Deutschland-Cup-Pause zwangen die Verantwortlichen zum Handeln, mit Jake Newton kam ein Kontingentverteidiger, kurz danach mit Nicklas Mannes ein weiterer Defender.

Der Tiefpunkt der ersten Saisonhälfte sollte aber noch folgen: Mit 0:7 ließ man sich von Aufsteiger Deggendorf vor eigenem Publikum vorführen. Spätestens jetzt rumorte es, Matthias Wendel kündigte Konsequenzen an, sofern sich die Akteure auf dem Eis nicht klar steigern würden. Es folgte eine Serie von fünf Siegen, vier davon auswärts, davon wiederum drei nach Verlängerung. Es war spürbar, dass im Team etwas passiert war, dass man nun Wege gefunden hatte, Spiele für sich zu entscheiden. „Wir haben uns defensiv stabilisiert, weniger Fehler gemacht und damit die Chance erhöht, Spiele zu gewinnen“, sieht Kujala den wichtigsten Entwicklungsschritt in der klar verbesserten Grundordnung.

Besonders gegen die Top-Teams der Liga gelangen überraschende Siege: Kaufbeuren, Ravensburg, Frankfurt, Bietigheim, Weißwasser – alle Teams im Vorderfeld konnten geschlagen werden. Umso schwerer tat und tut man sich oft gegen die direkten Konkurrenten im Kampf um den 10. Platz und den damit sicheren Klassenerhalt. Mehrfach verpasste man in „6-Punkte-Spielen“ den entscheidenden Schritt, ehe man sich am vorvergangenen Wochenende erstmals „über den Strich“ schieben konnte.

Es ist die Ruhe, die seit einigen Monaten am Standort Bayreuth herrscht, die sich zu einem immens wichtigen Erfolgsfaktor gemausert hat: Ruhe bei der täglichen Arbeit im Training, Ruhe im Umfeld des Clubs, Ruhe bei der Zusammenstellung und Anpassung des Kaders. Dass man für den scheidenden Newton in Simon Karlsson einen weiteren Mann finden konnte, der sich innerhalb kürzester Zeit zum Schlüsselspieler entwickelte, ist sicher ein Glücksfall, aber auch intensiver Recherche zu verdanken.

„Ich arbeite mit Petri Kujala weiter, er hat mein vollstes Vertrauen“, ist ein Satz von Matthias Wendel von Anfang November. Dieser Vorschuss hat sich mehr als ausgezahlt. Die Mannschaft funktioniert unter Kujala, auch wenn es weiter einzelne Baustellen gibt. Das Fehlen eines Topscorers beispielsweise fängt das Kollektiv auf. Dieses Kollektiv wird es auch brauchen, will man das Saisonziel „Klassenerhalt“ auch wirklich erreichen. Die Zeichen sind positiv, dass man diese „kleine Sensation“ – ausgehend von der Ausgangslage – auch wirklich erreichen kann.

-Christoph Knod- 

Ein ausführliches Interview mit Ivan Kolozvary finden Sie in der aktuellen Printausgabe der EishockeyNEWS. 

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